Gerhard Merz: Eine geheime Erhebung der HessenAgentur und viele ungeklärte Fragen

Im Vorfeld der Debatten im Hessischen Landtag zu den Kita-Gesetzen hat der sozial- und familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gerhard Merz, den Sozialminister letztmalig aufgefordert, die Erhebung der HessenAgentur zu den Kita-Beiträgen offen zu legen.

Merz sagte dazu am Montag: „Auf der Grundlage der Erhebung der HessenAgentur ist der Betrag festgelegt worden, den die Kommunen als Ersatz für die wegfallenden Gebühren für sechs Stunden bei Kindern über drei Jahren erhalten sollen. Wie genau die Berechnung dieses angeblichen Durchschnittsbetrags erfolgt ist, wissen die Abgeordneten, die das Gesetz beschließen sollen, aber nicht. Es wurde uns nur eine „Zusammenfassung“ zur Verfügung gestellt, die viele Fragen offen lässt.“

Der Sozialminister habe mündliche Bitten, die Erhebung zur Verfügung zu stellen, abschlägig beschieden und eine letzte schriftliche Aufforderung unbeantwortet gelassen. „Da stellt sich schon die Frage: Hat der Sozialminister etwas zu verbergen?“, fragte Merz. Fest stehe, dass die Erhebung im Spätsommer 2016 erfolgte, also schon fast zwei Jahre alt sei. „In diesem Licht betrachtet, ist die jetzt noch erfolgte „Dynamisierung“ um 2 Prozent ab nächstem Jahr nicht mehr als ein kleines Almosen?“

Darüber hinaus gebe es im schwarz-grünen Gesetzentwurf nach wie vor eine Menge ungeklärter Fragen. So hätten die Abgeordneten von CDU und Grünen in der Ausschusssitzung nicht eindeutig erklären können, ob nun „sechs Stunden“, laut Gesetzestext, oder „bis zu sechs Stunden“, laut Begründung, für Kinder über drei Jahre gebührenfrei sein sollen. „Die Frage ist aber, sowohl für die Träger und Einrichtungen, als natürlich auch für die Eltern von entscheidender Bedeutung. ‚Bis zu sechs Stunden‘ können auch fünf oder nur vier Stunden bedeuten. Wenn eine Kommune für fünf Stunden gebührenfreier Betreuung dann den gleichen Betrag erhält wie eine Kommune, die sechs Stunden freistellt, dann ist doch dem Missbrauch des Gesetzes Tür und Tor geöffnet. Und für die Eltern ist wichtig, wie viele Stunden sie jenseits der Gebührenbefreiung ‚zukaufen‘ müssen“, so Merz.

Ebenso unklar sei die Formulierung, wie mit Gebühren für die über die sechs, oder weniger, freigestellten Stunden hinaus umzugehen sei. „Das Gesetz schreibt vor, dass nur ein ‚diesem Zeitanteil entsprechender Teilnahme- oder Kostenbeitrag‘ erhoben werden dürfe. Das stellt zum einen gravierenden Eingriff in das Budgetrecht der Kommune dar und ist zum anderen unklar formuliert. Was ist die Bezugsgröße für die Berechnung des Zeitanteils? Was ist, wenn nur fünf Stunden freigestellt werden, wie groß darf dann der Betrag sein?“, fragte Merz.

In der Anhörung habe es von Seiten der Träger den Hinweis gegeben, dass die Definition, wann eine Kita die so genannte Schwerpunktpauschale erhalten könne, unzulänglich sei. „Auch darauf hat die Koalition bisher nicht reagiert. Durch den Wegfall der Gebühren für sechs, oder bis zu sechs, Stunden, ist die bisherige Regelung obsolet geworden. Jetzt soll der Zuschlag für Tageseinrichtungen gezahlt werden, wenn mindestens 22 Prozent der Kinder aus Familien stammen, die vorwiegend nicht deutsch sprechen oder für die einkommensabhängige Leistungen Dritter an den Träger erbracht werden oder bis zu einer Freistellung vom Teilnahme- oder Kostenbeitrag erbracht wurden. Auch hier muss man feststellen: Eine klare Regelung sieht anders aus“, stellte der Familienpolitiker fest.

Merz kritisierte außerdem die Regelung zur Erhöhung der so genannten Qualitätspauschale. „Aus der Evaluation des KiföG wissen wir, dass diese Pauschale aus guten Gründen sehr häufig von den Trägern benutzt wurde, um den Grundfinanzierungsbedarf zu decken, das heißt diese Zuschläge versickern, wenn sie nicht konkret für bestimmte Aufgaben in der Kita gesetzlich vorgesehen werden. Wer die Qualität verbessern will, muss genaue Vorgaben machen, wie wir es in unserem Gesetzentwurf getan haben, in dem wir im Zusammenhang mit einer umfassenden Neuregelung der Finanzierung Zuschläge für Leitungstätigkeit, für Ausfallzeiten und mittelbare pädagogische Arbeit festgelegt haben“, sagte Merz.

„Das Kita-Gesetz von Schwarz-Grün ist Murks. Die Grundidee ist Murks, weil man bei der Gebührenfreiheit auf halber Strecke stehen bleibt und weil die Qualität nicht den heutigen Anfordernissen entsprechend verbessert wird. Qualität und Gebührenfreiheit müssen gleichwertig behandelt werden. Das sagt nicht nur die SPD, das sagten alle Träger und die übergroße Mehrheit der Wissenschaft in der Anhörung. Darüber hinaus ist das Gesetz schlampig gemacht und lässt viele Fragen offen. Und die Erhebungsgrundlage für eine wesentliche Angabe im Gesetz wird den Abgeordneten nicht zur Verfügung gestellt. Eine gute Kita-Politik sieht anders aus“, kritisierte Merz.